DAS WERDENFELSER TRAUMLAND

Den ersten imposanten Eindruck bekommt, wer von München startend die A95 in den Süden nimmt. Schon bald richtet sich in der Ferne das Massiv des Wettersteingebirges auf. Von diesem Moment an ist es wie ein Sog, der einen durch das Nadelöhr aus Autobahn  und Bundesstraße bis ins Werdenfelser Land zieht.

WER HIER LEBEN DARF, IST ZU BENEIDEN“

 

Und „wer hier Urlaub macht, erst recht“. Gemeint ist das romantische Garmisch-Partenkirchen, gemeint sind die verschlungenen Wasserwege, die von Isar, Loisach und Partnach durchs Werdenfelser Land gezogen werden. Gemeint ist das Wechselspiel zwischen der herzlichen Mentalität der Einwohner und dem rauhen alpinen Charakter rund um Wetterstein und Karwendel. 

Nirgendwo sonst in Deutschland strecken sich die Berge so weit in den Himmel. Das Oberhaupt der Gipfel ist die Zugspitze, die ihre Besucher auf fast 3000 Metern Höhe in die Unendlichkeit blicken lässt. 400 Bergspitzen in vier Ländern sollen es sein, die von dort bei gutem Wetter zu sehen sind. Der Großglockner erhebt sich aus dem nahen Österreich, im Süden der Ortler in Ita­lien, auch der Piz Bernina in der Schweiz zeigt Größe.

Warum aber in die Ferne schweifen, wenn schon der gerade Blick nach unten fasziniert. Am Fuß der Zugspitze liegt der Eibsee, grün schimmernd, fast ein wenig karibisch, wenn’s im Schatten der Berge nicht so verdammt kalt wäre – zumindest im Winter bei tiefem Sonnenstand. Im Sommer lohnt der 8,8-Kilo­meter-Rundweg. Ein guter Ausgangspunkt auch, um sich auf den Weg durchs Werdenfelser Land zu machen. Man fährt durchs Zugspitzdorf Grainau, biegt dann auf die Bundesstraße und erreicht nach wenigen Minuten das Herzstück, Garmisch-Partenkirchen.

 

Auf dem Ort prangt das Gütesiegel „Heilklimatischer Kurort der Premium-Class“. Klingt nach einem großen Versprechen. Doch das hält der 29.000-Einwohner-Ort. Eine Wanderung durch die Partnachklamm oder zum Rießersee mit seiner historischen Bobbahn oder einfach ein Spaziergang durch die historische Ludwigstraße reichen und man weiß, warum die Tourismuskasse klingelt: 1,7 Übernachtungen zählte man 2019. Die Besucher strömen auch der Kunst wegen an den Alpenrand, etwa zum jährlichen Richard-Strauss-Festival. Der Komponist von Salome und Ariade auf Naxos ist auf dem Friedhof Garmisch begraben. Ein Museum erinnert an sein außergewöhnliches Schaffen. Den klassischen Musikliebhaber lockt auch das nahe Mittenwald, das als eines der bedeutendsten Geigenbauzentren Deutschlands gilt. 

Mit der Freude über die Besucherzahlen geht die Sorge um die Heimat einher. Vier Tunnel wurden oder werden gebaut, um die Anwohner vor Lärm und Abgasen zu schützen, ein fünfter Tunnel ist in der Planung. Wie viel den Einheimischen ihr Tal bedeutet, wurde vor acht Jahren besonders klar, als sich die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen in einem Bürgerentscheid mit einem Votum von 51,56 Prozent gegen die Olympischen Spiele 2022 aussprach. Zu den Gegnern zählten viele Grundstückseigentümer, sie fürchteten um ihre Ländereien; auch die Übermacht des IOC. Dem Sport selbst hätte man es gegönnt.

SPITZENSPORT PRÄGT DIE REGION

Magdalena Neuner liebt Ihre Heimat.

 

Der Sport ist es eben, der große Teile der Region prägt. Fast liest sich die Tour durchs Werdenfelser Land wie ein Routen-Tipp des deutschen Skispitzensports. Es geht durch Garmisch-Partenkirchen, der Heimat der ehemaligen Wintersport-Asse Maria Höfl-Riesch, Felix Neureuther und Laura Dahlmeier, im Hintergrund die Olympia-Skisprungschanze, auf deren Schanzentisch zu Jahresbeginn fast acht Millionen Fernseh-Zuschauer gespannt starrten: beim traditionellen Neujahrskispringen der Vierschanzentournee. Ostwärts kommt man dann am Biathlon-Trainingsgelände vorbei, streift Wallgau, dem Zuhause von Magdalena Neuner, die von 2007 bis 2012 zwölf Biathlon-Titel bei Weltmeisterschaften und zwei bei Olympia holte. Bis der Ausflug schließlich in Mittenwald endet, wo Thomas Dreßen – der erste deutsche Sieger auf der gefürchteten Streif in Kitzbühel – zur Grundschule ging. 

Und immer wieder gleitet der Besucher-Blick die Berghänge links und rechts empor. Der Finger will gar nicht mehr vom Kameraauslöser. Die Burg Werdenfels gibt dem langgezogenen Tal zwischen Ammer-, Ester- und Wettersteingebirge seinen Namen. Vom einstigen Grafschafts-Gemäuer ist allerdings nur noch eine Ruine übrig, geblieben ist indes die Aussicht ins Postkarten-Klischee-Land. Gern kommen Genusswanderer in die Region, aber auch gestandene Bergsteiger, Mountainbiker, natürlich die Golfer,  die in der Bergluft der Clubs Karwedel, Werdenfels und Garmisch-Partenkirchen abschlagen wollen, und eben Menschen, die, egal wohin sie ihre Kameralinse richten, ein fotobuchreifes Landschaftsbild schießen können.