München – Metropole zwischen Olympia, Börse und Gemütlichkeit
Nur wenige hundert Meter breit war München einst. Mitten in der Fußgängerzone, dort, wo heute die Kaufinger in die Neuhauser Straße übergeht und Scharen von Konsumenten durchgeschupst werden, eben dort war Schluss mit München. So hatte es Heinrich der Löwe, der Herzog von Bayern, vor 800 Jahren bestimmt. Ein Tor markierte dieses westliche Stadt-Ende.
Inzwischen wird in anderen Dimensionen gedacht und geplant. München ist seither mächtig gewachsen. Darüber vermag auch die Legende vom ewigen Dorf nicht hinwegzutäuschen. München ist Magnet für Touristen, Arbeitssuchende, für Migranten. Bis 2030 wird die 1,8-Millionen-Marke erreicht sein. Rund 1,5 Millionen Einwohner zählt man gegenwärtig. Das Leben in der Stadt ist indes nicht billig, was zum Dauerdiskussionsthema der Menschen, nicht aber zum Anlass geworden ist, die Stadt zu verlassen.
Ein entscheidender Entwicklungsimpuls kam 1795 vom Kurfürsten Karl Theodor. Er machte dem natürlichen Expansionsstreben Platz, ließ die Stadtmauern abreißen und erklärte München zur offenen Stadt. So ist München heute Messe- und Sportstadt, High-Tech- und Universitäts-Metropole, Medien- und Freizeit-Zentrum, die Heimat von Schlössern und Hochkultur. Das M auf dem Nummernschild bedeutet Renommee - auch in wirtschaftlicher Hinsicht: Sechs DAX-Unternehmen haben ihren Sitz in München, damit ist die Stadt Spitzenreiter in Deutschland. Die Top-Position nimmt Bayerns Regierungssitz allerdings gleichzeitig im Mietspiegel ein. Fast 18 Euro kostet der Quadratmeter, was sich auch Angestellte und Arbeiter jenseits börsennotierter Unternehmen leisten müssen.
Wahrzeichen
Von weitem sichtbar ragen die Zwillingstürme der Frauenkirche in den Himmel und prägen die Münchner Skyline wie kein anderes Gebäude der Stadt. Dass dies noch lange so bleibt, ist den Münchnern sehr wichtig: Sie haben im Jahr 2004 per Bürgerentscheid verfügt, dass kein neues Bauwerk in München höher als die Frauenkirche mit 98,57 Metern sein dürfe.
„Wie sich Geld verdienen lässt, das wusste schon Heinrich der Löwe“, erklärt Christine Lieb. Sie arbeitet als Stadtführerin für den Stadtvogel in München. Als „Resi“ gibt sie die Nachtwächterin, die Touristen in Mundart durch die Altstadt leitet. Heinrich der Löwe staunte anno dazumal über den Bischof in Freising, der Brückenzoll eintrieb. „Ein gutes Geschäftsmodell hat er darin erkannt“, so Nachtwächterin Resi. „Und sich gedacht: Das mache ich auch.“
Damals, als die Nachtwächter noch die Tore der Stadt schlossen und die Nacht einläuteten, war das Klima in der Stadt rau. Damals, als Herzog Ludwig II. seine Frau, Maria von Brabant, enthaupten ließ. Getrieben vom Glauben, sie betrüge ihn – ein Irrtum allerdings. Inzwischen ist München Deutschlands sicherste Stadt mit den wenigsten registrierten Straftaten. Man versteht sich darauf, Grundsicherheit zu gewährleisten. Auch das Oktoberfest bekommt man gut in den Griff – ohne dabei zu vergessen, dass 1980 alles ganz dramatisch außer Kontrolle geriet. 13 Menschen kamen bei einem Attentat ums Leben.
München ist eine Stadt ganz unterschiedlicher Schattierungen. Sie nennt beispielsweise der Welt ältestes Kino ihr Eigen: das Neue Gabriel, das sich bis in das Jahr 1906 zurückverfolgen lässt. Dann der Bayerische Rundfunk, der sich zwei Orchester mit internationalem Ruf leistet: das Symphonie- und das Rundfunkorchester. Dazu unterhält die Stadt auch noch die Münchner Philharmoniker. Hier schwebt nach wie vor der Geist des Musikliebhabers Ludwig II. durch die Kulturhallen. München ist also noch immer irgendwie Königsstadt, und, ja, eine große Golfstadt: Rund um München finden sich 24 Clubs, darunter viele, die zu den schönsten des Landes zählen.
München ist eine kleine Weltkapitale, in der die Weißwurst und der Jugendstil erfunden wurden. Und das Bier. Es könnten aber auch die Ägypter gewesen sein. Die Mönche haben wohl eher zur Verfeinerung beigetragen. Den letzten Beweis bleibt die Geschichte schuldig. Sechs große Traditionsbrauereien sind weit über die Stadt hinaus bekannt; sie sind es auch, die den Ausschank auf dem Oktoberfest unter sich aufteilen. Nur Münchner Bier darf die Kehlen hinunterrinnen, sonst nichts. Doch vor dem Bier wurde mit Vorliebe Wein in München verkostet. Auf dem Marienplatz hat man das Getränk schon im Mittelalter feilgeboten. „Geschmacksrichtung Sauerampfer“, hakt die Nachwächterin an dieser Stelle ein. „Die feinen Herrschaften haben deshalb lieber den Wein aus Italien getrunken.“ Eben auch das ist München gern und seit jeher: die nördlichste Stadt Italiens.